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Mission Impossible

Posadas

Geschrieben von Timo

Ein Tagesausflug sollte uns zu den Jesuitenmissionen San Ignacio Miní und Loreto führen, nachdem wir in Paraguay bereits Trinidad besichtigt hatten. Alle Missionen in Südamerika zu besichtigen ist allerdings kaum möglich, da es bestimmt über 30 davon gab (Mission impossible also ;) ), aber wir haben versucht immerhin ein paar zu sehen. 

 

Wir wollten ganz früh starten, um möglichst viel von den über 50 km von Posadas entfernten Missionen zu sehen, allerdings, wie so oft bei uns, dauerte es bis 11 Uhr mittags bis wir starteten. Dann wollten wir noch schnell Bargeld abheben, was leider nicht so einfach war. Am Hauptplatz von Posadas standen die Menschen riesige Schlangen vor den Banken, vermutlich auch um an Bargeld zu kommen. Bei der Santander Río (selbes Logo wie Santander), bei der ich in BA mit meiner Santander (!) Karte kein Bargeld abheben konnte, wohl weil die Automatengesellschaft nicht mit der Karte harmonierte, versuchten wir dann nochmal Geld abzuheben, da dort die Schlange nicht so lang war (Mission hardly possible ;) ). Es funktionierte zweimal den Höchstbetrag von jeweils 8.000 ARS/ Pesos abzuheben (ca. 120€) mit einer Gebühr von jeweils 630 ARS (9,48€!), was fast 8% des Abhebebetrages entspricht. Zum Glück übernimmt die Santander als einzige in Deutschland aktive Bank die Gebühren des Automaten, wenn man im nachhinein die Belege fotografiert an eine Mailadresse sendet. Für 2 von ca. 8 Belegen hat das schon funktioniert, hoffentlich auch für alle weiteren. Ansonsten wird ein Teil unseres Reisebudgets für Finanzierungskosten draufgehen, da alle Automaten in Südamerika bisher Gebühren veranschlagen. Uns tun auch die Menschen in Argentinien sehr Leid, die permanent der Situation ausgeliefert sind nicht an genug Bargeld zu kommen. Lieder ist es nur teilweise möglich direkt mit der Kreditkarte zu zahlen, so dass Bargeld sehr wichtig ist.

 

Nach der Bargeld Odyssee kehrten wir um 12 Uhr ins Hostel zurück und verstauten unsere 16.000 Pesos sicher im Zimmer. Dann ging es mit einem Linienbus, den uns die moovit App nannte, 5 km bis zum Busterminal, wo wir für 4€ 2 Tickets für 13 Uhr mit einem Reisebus nach Loreto kauften. Der Bus fuhr danach weiter bis nach Puerto Iguazù, aber da waren wir ja schon. Während wir uns schonmal mit Sonnencreme einschmierten, lief vorne im Bus auf einem Fernseher "Alpha", ein steinzeitlicher Spielfilm, auf einem Fernseher ohne Ton. Interessant dass Filme ab 12 Jahren in einem Bus für alle Leute mittags laufen. Wir schauten ein bisschen zu. Wir wollten mitten auf der Autobahn/ Landstraße an einer abzweigenden Straße aussteigen, von wo aus es noch knapp 3 Kilometer bis zur Ruine der Mission Loreto sind, die in einem winzigen Pueblo (Dorf) liegt. Nervös auf mein Handy mit Google Maps schauend, ging ich zum Fahrer und seinem Assistenten herunter, die mich beruhigten. Und tatsächlich hielt der Bus für uns an der kleinen Abzweigung an. Die halbe Stunde in der Hitze laufen war anstrengend, aber wir waren froh als wir bei der Mission Loreto ankamen und erstmal auf Klo gehen konnten. Der Mitarbeiter vor Ort, auch der einzige Mensch, den wir dort in der Mittagshitze zunächst sahen, empfing uns ausgiebig und erklärte uns wie alles funktioniert. Nach erfolgreichem Stuhlgang empfing uns eine Spanisch sprechende Dame, die sich als Guide herausstellte und uns die nächsten 45 Minuten mit durch die Anlage nahm, bis der letzte lokale Bus um 4 Uhr nachmittags vor der Mission hielt, um uns über Santa Ana nach San Ignacio zu bringen. 

Wir verstanden auch auf Grund unseres Vorwissen einiges was uns die Frau erzählte. Sie selber lernte während der Führung noch das Englische Wort für Priester ("priest"), was sie sehr freute. Von diesen gab es nämlich immer nur zwei in jeder Mission und alle anderen Einwohner waren die mehreren tausend Guaraní. Auf meine Frage hin, ob die Guaraní gezwungen wurden in den Missionen zu leben, antwortete unsere Führerin, dass die Guaraní von den Portugiesen aus dem heutigen Brasilien attackiert wurden und die Spanier in Form der Missionen den Guaraní Schutz boten. Es waren dann die unterschiedlichen Stammesführer, die die Angebote annahmen und die zu einer neuen Mission führten. Innerhalb der Mission konnten die Guaraní, wenn sie mochten, einen "europäischen Lebensstil" leben, zum Beispiel mit einer Hochzeit. Allerdings wurde keiner gezwungen. Geld verdienen tat die Missionu.a. mit der Viehzucht, aber auch mit dem Anbau von Yerba Mate. Die entsprechenden Bäume von denen die Sträucher der Blätter als Grundlage für den Tee genutzt werden, stehen auf dem Gelände häufig herum. Zu unserem Entsetzen öffnete die Führerin die Hülle eines Käfers , den wir auf einem Blatt entdeckten. Allerdings klärte sie uns auf Nachfrage hin auf, dass sie gerade keinen Mord begangen hatte, sondern lediglich die Larvenhülle des Käfers, der grillenartige, laute Geräusche macht und uns schon häufiger in der Natur in Nordargentinien begegnet ist, geöffnet hatte.

 

Generell unterscheidet sich Loreto sehr von der Mission Trinidad und San Ignacio Miní, die wir später am Tag besichtigten. Gegenüber den anderen beiden wurde Loreto nämlich kaum angefasst seitdem es im 19. Jahrhundert von den Nachfolgern der Guaraní, einigen Franziskanern und Benediktinern aus Europa, verlassen wurde. Das bedeutet, dass vereinzeltes Mauerwerk noch steht, wie bei den anderen Missionen, aber nicht auf einer frisch gemähten, grünen Wiese, sondern in einem sehr grünen Wald, in dem das Mauerwerk auch sehr zugewachsen ist. Meiner Meinung nach gibt die Kombination aus beiden Besichtigungen einem einen sehr guten Eindruck vom Missionsleben vor ca. 250 bis 400 Jahren. 

Nachdem wir der etwas überforderten Führerin noch 300 Pesos Trinkgeld in die Hand drückten, was offenbar zu viel war, eilten wir zur Bushaltestelle. Circa 20 Minuten nach unserer Ankunft dort, kam ein Kleinbus, der uns in 45 Minuten erst zurück nach Santa Ana fuhr, danach aber bis vor das "Bus- Terminal" des Dorfes San Ignacio. Kurzerhand beschlossen wir im Restaurant, vor dem wir rausgelassen wurden, Pasta zu speisen, so dass wir gegen 18:30 bei der Mission San Ignacio Miní innerhalb des Ortes ankamen. Wir wollten das in Loreto gekaufte auch für diese Mission 15 Tage gültige Ticket gerade vorzeigen, als wir mitbekamen, dass die Mission eben geschlossen hatte, bis zum Einlass der Light Show, die wir zu besuchen planten, ab ca. 20:00.  Franzi war sehr frustriert, dass wir uns nun 1,5 Stunden gedulden mussten, ich hatte irgendwie schon damit gerechnet, so dass es für mich nicht so schlimm war. 

Im Hintergrund hörten wir permanent lautes Getrommel, was uns zu einem kleinen Park in San Ignacio führte, in dem der dort ansässige Sambaverein gerade sein Training Open Air vollführte. Offensichtlich wurde eine weit vorgeschrittene Karnevals Choreographie der Jugendlichen trainiert und zwar mit Liveband voller Jugendlicher und einiger Erwachsener, mit dicken Boxen und einigen interessierten Zuschauern. Wir fühlten uns ins Sambodromo von Encarnación zurückversetzt und waren sehr beeindruckt von der offenen Art des Trainings, bei der anscheinend jeder mitmachen und auch zuschauen durfte. Schaut selbst unten mal im Video rein. Nachdem wir unsere 3 ausgetrunkenen Liter Wasser des Tages um 2 weitere ergänzt hatten, begann dann um 20:30 auch die Light Show. Ein Angestellter des Parks führte alle Besucher mit einer Taschenlampe durch die Ruinen, bis zu einer ersten Stelle, an dem eine Lichtershow begann. Ein Guaraní Stammesführer wurde an einen Baum projiziert und erklärte uns auf Spanisch durch die Außenlautsprecher bzw. auf Englisch durch unsere Kopfhörer wie das Leben in den Missionen so ablief. Gleichzeitig wurde durch einen feinstäubigen Rasensprenger eine Leinwand geschaffen, auf die ein Film projiziert wurde in dem ein Guaraní Junge das Flöte spielen lernte von den Missionaren und neu ankommende Guaranís von der Kunst begeistert wurden. Ich war eher begeistert von der Technik des Filmes als von der banalen Geschichte mit einigen historischen Informationen, die der Stammesführer erzählte. Im Hintergrund lief passende Flötenmusik zum Film, während der Stammesführer weiter erzählte. Auf diesem Wege liefen wir im Stop- and Go- Modus immer weiter durch die dunkle, bunt beleuchtete Mission und es tauchte immer wieder der Stammesführer auf und der Flöte spielende Junge, der auf kitschige Art und Weise seine Freundin erst kennenlernte, sie in jungen Jahren heiratete und sie nach einem Angriff der Portugiesen glücklich wieder in die Arme nahm. Es waren ein paar interessante Details mit dabei, aber ich empfand es zu sehr als Disney Geschichte, was der Film zeigte. Die Tour endete auf dem bunt beleuchteten Hauptplatz der Mission nach ca. 40 Minuten mit dem projizierten Zuwachsen der Kathedralenreste durch Pflanzen, was das Verlassen der Mission um ca. 1770 darstellte. Insgesamt allemals eine lohnende und schöne Veranstaltung. Der Nachhauseweg fühlte sich zunächst so an wie in Hagenbeck nach dem Verlassen des Zoos nach dem Feuerwerk der Romantiknächte, allerdings mussten wir nicht U2 und U3 nach Hause fahren, sondern einen Bus an der dunklen Autobahn für die 55 km nach Posadas stoppen, mit einem lokalen Bus die 5 km bis zum Hostel fahren, packen und am nächsten Morgen um 5 Uhr aufstehen, da um 6 Uhr unser Autotransfer in den Parque Nacional Iberá starten würde. Zum Glück klappte alles, so dass wir noch ca. 4 Stunden Schlaf mitnehmen konnten. Mission completed.

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