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Wer war mal Millionär?

Colonia Carlos Pellegrini

geschrieben von Franzi

Als nächster Stopp steht der Nationalpark Iberá auf dem Programm. Leider ist es unmöglich innerhalb eines Tages mit dem Bus von Posadas nach Colonia Carlos Pellegrini zu kommen, den Ort, den wir als Ausgangspunkt für unsere Besuche in die Sumpflandschaft auserkoren haben. Die einzige Busverbindung hierher beginnt in Mercedes, was deutlich südlich vom Nationalpark liegt, wohingegen wir uns im Norden befinden. Man müsste also erst sehr weit gen Süden fahren, unterwegs noch einmal umsteigen, um dann den einzigen Bus des Tages zur Mittagsstunde ab Mercedes zu erwischen, um dann noch einmal weit gen Norden zu fahren. Long story short: Kaum ohne zusätzliche Übernachtung machbar.


Glücklicherweise hat die außerordentlich hilfreiche und zuvorkommende Besitzerin des Posadeña Linda Hostels in Posadas es geschafft, uns innerhalb von Minuten einen privaten Shuttle im Geländewagen mit Allradantrieb zu organisieren. Und das auch noch zu einem wirklich fairen Preis, da die Fahrerin eh in den Ort musste, noch eine Bekannte mitnahm und deswegen zwei Plätze frei hatte. Teuer war die Fahrt mit gut 50€ leider trotzdem. Dafür klappte aber auch alles sehr gut.


Wir frühstückten um 5.30 Uhr schnell etwas Avocado und selbstgemachten Schoko-Bananenshake, bevor wir mit dem Sonnenaufgang um 6 Uhr losdüsten. Düsen taten wir allerdings nur auf dem ersten Teil der Strecke. Bald verwandelte sich die Straße in ein teilweise beinahe unwegsames Gelände, sodass wir trotz der Umsichtigkeit unserer Fahrerin Cecilia ordentlich durchgerüttelt wurden und nicht ganz so viel Schlaf fanden, wie erhofft.

 

Wir hatten uns dazu entschlossen, keine Unterkunft vorab zu buchen, sondern uns vor Ort zu informieren, da es laut Lonely Planet eh „viel mehr Betten als mögliche Touristen gibt“. Cecilia empfahl uns eine - laut ihr - großartige Unterkunft mit benachbartem Restaurant, in dem man auch mit Karte zahlen könne und wo es vorzügliche Gerichte gäbe.
So fuhr sie uns zur Posadas Rancho Jabirù, vor der zwei ältere Herrschaften um die 80 standen. Der stets verschmitzt dreinblickende Herr zeigte uns ein wirklich großzügiges Zimmer mit 4 (!) Betten, Klimaanlage, Bad und Wifi. Wir hätten das ganze Zimmer für uns, der Preis liege bei gut 12,50€ pro Person und Nacht inkl. Frühstück. Obwohl das etwas über unserem Budget ist, wirkte die Unterkunft sehr gemütlich. So willigten wir ein und buchten erst einmal für eine Nacht. Falls wir noch etwas Besseres finden würden, könnten wir ja noch einmal weiterziehen.

 

Obwohl wir etwas müde waren, machten wir uns auf, um uns einen Überblick über mögliche Aktivitäten zu verschaffen, das Dorf kennenzulernen und etwas einzukaufen. Nach dem Besuch eines etwas nutzlosen Infocenters und zwei verschiedenen „Agenturen“, bei denen man Unternehmungen buchen kann, hatten wir uns ein grobes Programm zusammengestellt. Geplant waren eine Bootstour, ein Spazierritt zu Pferde (für den ich sogar Timo wenn zwar nicht begeistern, so dennoch überzeugen konnte!), eine selbstständige Wanderung durch den Park und eine Kajakfahrt.
Letzteres buchten wir bei den Inhabern des hiesigen Campingplatzes.

Sobald der Plan stand, verschnauften wir etwas im Schatten und spazierten ans Flussufer direkt am Campingplatz. Meine Augen wurden groß. Im Schilf döste eine ganze Wasserschwein-Familie! Mama, Papa und zwei Junge! Auch bei Hagenbeck sind immer alle Tiere zusammen unterwegs, wo sie sich im ganzen Park frei bewegen können. In ihrem natürlichen Lebensraum waren sie allerdings noch faszinierender! Timo machte ein paar Fotos und ich spazierte weiter auf dem Steg umher, bis ich einen großen Kaiman direkt am Ufer erblickte. Ich rief: „Schau mal Schatz, die haben hier sogar eine große Statue von einem Kaiman im Wasser!“. Denn überall sonst auf dem Campingplatz waren hölzerne Vögel und andere Tiere zu bewundern. Wir machten ein paar Fotos und schlenderten hin und her auf der Suche nach weiteren guten Motiven und spannenden Tieren.
Als wir wieder an dem Kaiman vorbeikamen wunderten wir uns. Eben war das Maul doch noch geschlossen gewesen? Und hatte das Tier nicht in die andere Richtung geschaut? Da bewegte es sich! Nicht wenig erschrocken entfernten wir uns langsam von dem Reptil und ich erspähte instinktiv gut zu erklimmende Bäume für einen etwaig nötigen Fluchtweg. Doch der Kaiman interessierte sich nicht für uns und döste weiter. Weitaus vorsichtiger pirschten wir uns erneut heran, um ihn aus nächster Nähe zu beobachten. Während ich unser Glück kaum fassen konnte, so nah an einem großen Exemplar zu sein und dazu noch recht sicher auf dem Steg ca. einen Meter über dem Tier, versuchte Timo die damit verbundenen Gefahren abzuschätzen, wenn wir morgen genau an diesem Ort in das Kajak steigen würden.

 

Doch diese Sorgen vertagten wir erst einmal. Zunächst brauchten wir Nahrung und Wasser. Wir hatten bereits herausgefunden, dass der nächste Bankautomat eine dreistündige Autofahrt entfernt liegt und das von Cecilia angepriesene Restaurant direkt neben unserer Pension, die gesamte Woche Betriebsferien hatte. Da auch in Posadas Bargeld Mangelware war, hatten wir nicht besonders viel dabei. So begannen wir zu berechnen, was wir uns leisten könnten. Timos Feststellung „Wenn wir es mit Karte zahlen können, ist es quasi umsonst.“ wurde zu unserem Motto bei der Lebensmittelwahl. Während wir letzte Woche noch mit von Guaraní vollgestopften Taschen als Millionäre durch Paraguay spazierten, so mussten wir jetzt jeden baren Pesos einzeln umdrehen.


Wir zogen also während der Siesta durch das Dorf. Leider waren die vielen kleinen Kioske nicht von normalen Wohnungen zu unterscheiden, weswegen uns keine der Beschreibungen der von uns befragten Einheimischen weiterhalfen. Die Hitze machte uns langsam zu schaffen und immer noch war keine Einkaufsmöglichkeit in Sicht. Schließlich landeten wir auf der Veranda einer kleinen Cafeteria. Erschöpft setzte ich mich auf den Boden, um etwas zu verschnaufen. Sogleich kam der Besitzer des Lokals und fragte, ob es mir gut gehe. Ich könne mich gerne im Bad frisch machen. Ich lehnte dankend ab und beteuerte, es sei alles gut. Da kam seine Frau mit selbstgemachter Limonade angelaufen und meinte, ich müsse schnell etwas zuckerhaltiges zu mir nehmen. Erstaunt sah ich Timo an. Sah ich so furchtbar aus? Die beiden machten sich ernsthafte Sorgen. Timo zuckte mit den Schultern und meinte: „Auch nicht schlechter als sonst.“ Danke dafür.


Wir erzählten den beiden von unseren Problemen, am besten Bargeldlos, grundsätzlich aber überhaupt an Nahrung zu kommen. Um nicht ganz zu verdursten hatten wir inzwischen etwas Leitungswasser dabei. Wir hatten gelesen, dass man Leitungswasser in Argentinien bedenkenlos trinken kann, was wir in Iguazù auch bereits problemlos getan hatten. Da der Pensionsleiter aber meinte, dass er gekauftes Wasser dennoch vorziehen würde und bzgl. der Wasserqualität eine recht unbestimmte Handbewegung machte, beschlossen wir, das Wasser vor dem Verzehr durch unseren äußerst praktischen Filter zu reinigen. Vielen Dank an meine Freundin Lena an der Stelle, von der wir den Filter zum Abschied geschenkt bekommen haben!!

Die beiden markierten uns ein paar Punkte auf Google Maps, wo wir Essen und Trinken kaufen konnten und, was fast noch besser war, teilten uns mit, dass man bei ihnen mit Karte zahlen könne. So orderten wir zwei Toast und einen sehr leckeren selbstgemachten Fruchtsaft.
Gut gestärkt konnten wir dann doch noch erfolgreich Lebensmittel einkaufen und belohnten uns nach diesem anstrengenden und erlebnisreichen Tag mit einem Bad im Pool der Pension zum Sonnenuntergang!

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