· 

Eine Geschichte von Wikingern, Engländern, dem Präsidenten und dem Messias

Buenos Aires

Geschrieben von Timo

 

Wir hatten einen entspannten Start im Hostel Estoril in Buenos Aires, an dem wir abends für etwas mehr als 2€ pro Person zu Pasta all you can eat und dazu Longdrinks, z.B. das beliebte Fernet Branca mit Cola oder Campari mit Orange, von den Freiwilligen eingeladen wurden und auch viele neue Gesichter kennenlernten. Gespeist wurde die von einer Italienerin leider wenig salzig zubereitete Pasta auf der Dachterasse des Hostels direkt gegenüber vom Palacio Barolo. Dieser erinnert sehr an den Palacio Salvo in Montevideo, nicht zuletzt weil er ebenfalls einen Leuchtturm auf der Spitze hat und auch mal das höchste Gebäude Südamerikas war. Später kam noch Guillermo vorbei und offerierte einen kleinen Tango Argentino- in Argentinien nur Tango genannt- Kurs. Einige Besucher inklusive uns nahmen teil und gingen in einen kleinen Raum im Hostel, aus dem wir einige Sofas entfernten. Das Bücherregal mit einem Deutschen Buch über Wirtschaft sowie dem Marco Polo Neuseeland blieb stehen. Ich schmiss die Flip Flops in die Ecke und machte barfuß mit. Mit wechselnden Partnern lernten wir zuerst alleine im Takt im Kreis zu laufen, dann mit Partnern das selbe zu absolvieren und später dann mit führen und führen lassen in abwechselnder Reihenfolge. So kam Franzi auch mal dazu mich zu führen, ganz anders als die letzten 5 Jahre in der Tanzschule und auf Bällen. In Deutschland hatten wir auch mal einen Tango Argentino Kurs in Wedel gemacht und es gefiel uns damals ganz gut. Allerdings hatte auch da nur ich geführt. Und bei unserem ersten Stop in BA waren wir auch schonmal mit Dome und Charlie in einem Kurs, der aber im Nachhinein betrachtet sehr fortschrittlich war. Diesmal fingen wir bei Null an. Aber es gefiel uns sehr gut. Auch weil wir viel gelobt wurden natürlich. Mit Sophie aus Braunschweig klappte das Tanzen auch sehr gut, was mich in meinem guten Gefühöl bestätigte. Auch Franzi kam mit einem anderen Partner gut zurecht. Am Montag folgt ein Anschlusskurs mit Guillermo mit anschließendem Besuch in einem Club, den man garnicht finden kann, wen man nicht weiß wo er ist und wann dort etwas stattfindet. Das sind wohl die besten und urigsten Clubs, sagt Guillermo. Es bleibt also spannend. 

 

Am Sonntag starteten wir auch gemächlich. Franzi unterhielt sich lange mit einem Kanadier, der auch in der Werbebranche aktiv war und paid ads geschaltet hatte. Nach ausführlichem Ausruhen und Raumwechsel vom Dorm Room in den Private Room gingen wir nach San Telmo und besuchten kurz den vollen, sonntäglichen Kunsthandwerkstraßenmarkt. Vorher ereignete sich aber im Hostel oder besser gesagt am Hostel noch Spannendes. Der Präsident fuhr aus einem Toyota winkend die abgesperrte Avinguda de Mayo herab vom Präsidentenpalast zum Kongress, wo er die Eröffnung des Parlamentes einleitete. Viele jubelnde Zuseher und Polizisten  standen entlang der Straße unter unserem Balkon. Die meisten hatten jedoch Gesichter von Cristina Kirchner auf ihren Schildern und nicht vom Präsidenten, da die ehemalige Präsidentin die eigentliche Fadenzieherin sein soll, obwohl sie offiziell im Hintergrund agiert.

In San Telmo angekommen, hatte sich Franzi schnell in den ersten Stand verliebt, an dem sie schließlich auch zuschlug. Ein Mann hatte eine internationale Münzsammlung, die er mit einer Handsäge bearbeitete, so dass die Figuren auf den Münzen feinsäuberlich ausgeschnitten werden. Franzi kaufte schließlich eine neuseeländische Centmünze in Bronze, die ein Maori Gesicht darstellt für etwa 6€ und bekam dazu noch ein Band als Kette dazu. Sie freut sich sehr über die Münze und auch schon auf unseren Besuch in Neuseeland.

 

Danach war es schon kurz vor 4 und wir hatten erst einen Stand auf dem Markt besucht. Wir gingen jedoch in die Paralellstraße ins Valhalla, ein Wikingerrestaurant, das uns der Rezeptionist unseres Hostels empfohlen hatte. Dort sollte der Clásico, also das Duell FC Barcelona- Real Madrid aus Spanien im Fernsehen übertragen werden. Wir fragten nach, ob dem so wäre und die Bedienung meinte ja und es wird sogar noch eine Leinwand aufgebaut für das Spiel später. Wir bestellten uns super günstiges Bier bzw. Franzi 2 Longdrinks zum Preis von 3€, von dem sie aber erstmal nur einen nahm. Leider gab es viele der Longdrinks auf der Karte auch nicht. Nach intensivem Studieren der Karte nahm ich einen Berserker Burger und Franzi einen gemischten Teller voller Leckereien. Wahl eins und zwei von Franzi gab es leider ebenfalls nicht, was Franzi schon sehr enttäuschte, da sie Restaurants nicht mag, die Essen in der Karte haben, die es nicht gibt. Würde mich auch nerven, wenn ich 30 Minuten überlege was ich esse und meine Wahl dann nicht da ist, aber ich bin da zum Glück etwas flotter als meine Begleitung ;). Während wir auf das Essen warteten, scheiterten die Bedienungen im Laden mehrfach am Aufbau der Leinwand, bis es schließlich klappte. 10 Minuten vor Anpfiff suchte einer der sonst beschäftigungslosen Kellner des Restaurants ohne WLAN dann den Sender in der langen Liste  des Receivers mit einem seeehr langsamen Gerät. Während ich schon lange nervös war, war Franzi noch ganz entspannt. Pünktlich zum Anpfiff kam dann das gut aussehende Essen, allerdings war der Sender immer noch nicht gefunden. Ich hatte natürlich vorher gegoogelt welcher Sender das Spiel zeigt. Franzi gab dann auch schnell die Suche auf, da der Sender offenbar nicht vom Lokal empfangen werden konnte. Nun war Franzi richtig wütend und ich gelähmt vor Enttäuschung. Wir ließen 100 Pesos und das Essen da und nahmen ein Taxi für 1€ zum Hostel. Im Zimmer haben wir einen Fernseher, was der Rezeptionist, der mir das Valhalla empfohlen hatte auch nicht wusste, aber dieser zeigte das Spiel auch nicht. Ich googelte schließlich die besten Orte um ein Fußballspiel in BA zu sehen und der Pub Gibraltar stand ganz oben auf der Liste. Ich buchte ein Uber zum Pub, der tragischerweise direkt neben dem Valhalla in San Telmo ist. Das Uber kam 8 Minuten lang nicht, während 8 leere Taxen an uns vorbeifuhren. Das nächste Unglück des Tages. Ohne WLAN an der Straße scheiterte schließlich der Uber Transfer und wir nahmen ein Taxi, das uns pünktlich zur zweiten Hälfte, die mit 0-0 begann, ins Gibraltar brachte, in dem schon viele Zuschauer gebannt auf die Fernseher schauten. Für 195 Pesos gab es zwei Pints (Dafür kriegt man in London nicht mal einen Blick des Barkeepers) und wir sahen wie Real Barcelona dominierte und verdient gewann. Ein passender Ausgang des Spiels für unseren bislang mauen Tag. Die Happy Hour nutzten wir gut aus und tranken jeweils drei Pint, die uns noch einige Zeit angeheitert im Pub zurückließen während die Menschenscharen längt raus waren. Später besuchten wir das Desnivel, in dem es fettiges Asado mit Salat und Papas Espanolas gab. Danach gingen wir noch zur Plaza Dorrego in San Telmo, auf der nachts Tango getanzt werden sollte, wie uns Guillermo verriet. Gut angetrunken und gesättigt schauten wir erst mit vielen anderen eine Runde zu, ehe wir selber den Rucksack in die Mitte zu den anderen Rucksäcken legten und mehrere Runde routiniert mittanzten. Ich dachte mir viele Schritte aus anderen Tänzen aus, die wir können, besann mich aber auch auf die Grundtugenden des Führens, die wir am Tag zuvor gelernt hatten. Es hat sehr viel Spaß gebracht und war ein besonderes Erlebnis. Einige andere Paare waren schon sehr stark, mit vielen wilden Figuren. Andere waren auch auf das nötigste bedacht und schmusten nur etwas bei der Musik. Ich denke, dass wir uns gut eingefügt haben. Mit der Melancholie des Tangos konnten wir den konfusen und etwas enttäuschenden Tag dann doch noch würdig ausklingen lassen. 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0