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Scheißtag

Buenos Aires

Geschrieben von Timo

Heute war so ein Tag, der ganz anders geplant war. Eigentlich wollten wir nach La Boca fahren und abends noch eine Milonga tanzen, in der Guillermo, unser Tango Coach, sogar eine Aufführung hat. Leider kam alles anders als geplant und der Tag war voller Ärger und Stress.

 

Zunächst gingen wir kurz zur Post, um zu fragen wie teuer es ist ein Paket nach Deutschland zu schicken. Als wir den Preis hörten, fielen wir fast um. Für bis zu 2 kg Paket bezahlt man 4500 Pesos (mehr als 50€). Später hetzten wir kurz vor Ladenschluss noch durch die Stadt, um bei Fedex, DHL und UPS nachzufragen. Alles verlief sehr ernüchternd. Zwar sind die Pakete bei diesen Anbietern versichert, allerdings kostete es bei allen zwischen 60€ und 100€. Das haben wir uns leichter vorgestellt. 

 

Viel schlimmer war allerdings unser Besuch bei Western Union nach dem Abstecher zur Post am Morgen. Wir stellten uns in eine lange Schlange und waren nach gut 15 Minuten an einem der vielen Schalter dran. Wie in Mercedes auch schon, war die Frau- Mara wie sich später rausstellte- etwas überrascht vom hohen Betrag, den wir abheben wollten. Zum Problem wurde das aber erst kurz danach. Sie erklärte uns, dass der Name des Geldempfängers in ihrem System nicht mit den Angaben in meinem Pass übereinstimme. In ihrem System stand nämlich

Vorname: Timo

Erster Nachname: Schwarz

Zweiter Vorname (mütterlicherseits): Alexander

 

In meinem Pass steht aber natürlich

Vorname: Timo Alexander

Nachname: Schwarz

 

Sie erklärte uns, dass es bis zu einer gewissen Höhe gar kein Problem wäre, aber bei unserem Betrag kann sie nichts machen. Wir erklärten ihr wie es in der Deutschen App geschrieben steht. Dort hatten wir nämlich ausgefüllt:

Vorname: Timo

Zweiter Vorname (optional): Alexander

Nachname: Schwarz

 

um es möglichst exakt mit dem Pass übereinstimmend anzugeben. Leider wäre

Vorname: Timo Alexander

Nachname: Schwarz

richtig gewesen. Stand natürlich nirgendwo. Auch der von ihr festgelegte Betrag, bis zu dem es kein Problem gewesen wäre, ist sonst nirgendwo genannt gewesen. Ganz im Gegenteil. Nachdem ich eine Web Identifikation gemacht habe, soll ich angeblich bis zu 49.000€ innerhalb von Minuten in Bargeld abholen können. Soviel wollten wir natürlich nicht haben, aber auch unseren Betrag wollte sie nicht rausrücken. Die Schuld sah sie beim "Deutschen Western Union", das die Namen nicht richtig hinbekommen hat. Ihr Rat war, dass wir die Deutsche Hotline anrufen und das klären sollen. Das wäre für uns natürlich super teuer aus dem Ausland und ich muss natürlich auch persönlich anrufen. Die andere Alternative war die Transaktion zu stornieren und eine neue aufzusetzen. Beides hätte jedoch 8,90€ gekostet und der Wechselkurs in der App für eine neue Transaktion war auch etwas schlechter als bei der alten. So insistierten wir, bis sie vorschlug, dass wir doch WLAN suchen sollen, da das WLAN des Ladens nicht geht, und dann wiederkommen sollen. Selbst Franzis aufgesetztes Weinen half nicht. Wir kauften bei Starbucks einen O-Saft und wollten nach Pinkelpause in der Western Union App screenshoten wie es zu dem Problem kam. Leider ging das Starbucks WLAN nicht. Einmal geht man zu Starbucks....Also nutzten wir das BA Wifi einige Blocks weiter und gingen zurück zum Western Union Laden, an dem wir an der Schlange vorbei direkt zu einem Kollegen der Frau gingen. Dieser bescheinigte uns aber das gleiche Problem. In der Folge kam ein Argentinier und eine Brasilianerin zu uns, die in der Vergangenheit schon das selbe Problem hatten und auf den Mann hinter dem Tresen einredeten. Dieser sträubte sich aber etwas zu tun. Später wurden wir wieder an Mara verwiesen, die uns nun erklärte, dass wir das mit dem Western Union Kundenservice klären sollen. Netterweise hatte sie uns inzwischen Zugriff zum WLAN verschafft, was einmal mehr ihre Inkonsequenz offenbarte. Sie wollte uns nicht mal schriftlich bescheinigen warum die Transaktion nicht funktioniert, da sie ihrer Meinung nach nicht Western Union sei, sondern Mara. Wir waren also in einem Laden, der voll mit dem Western Union Logo war, wollten mit Western Union Geld von einer Frau abholen, die eine Western Union Bluse anhat und sie behauptet sie sei nicht Western Union. Völlig verrückt. Schließlich behauptete Mara auch, dass es nur die Schuld vom Deutschen Western Union sei und das Argentinische alles richtig mache. Wir hatten vorher von einem Schnittstellenproblem zwischen den beiden Western Union Unternehmen in den zwei Ländern gesprochen, für das nun der Kunde bezahlen muss. Franzi hatte mir natürlich schon verboten mich aufzuregen, doch nun flippte sie auch aus und schrie die Frau an wie dumm und scheiße sie sei und verließ dann den Laden. Ich machte noch ein Beweisfoto von ihr hinter dem Tresen, so dass sie auch den Schalter verließ. Dann gingen wir raus, wo uns eine Belgierin ansprach, die unser Problem mitbekommen hatte und uns einen anderen Western Union Schalter empfahl, der wohl besser funktionierte. Allerdings funktionierte dieser aus exakt den selben Gründen nicht. Unsere nächste Idee war Franzis Bruder aus Deutschland einen Anruf bei Western Union zu faken, um so den Namen von dem falschen Timo Alexander Schwarz in den richtigen Timo Alexander Schwarz zu ändern. Dann entschlossen wir uns jedoch dazu es noch bei einem dritten Laden zu versuchen und ein Wunder- es funktionierte. 4 Studen nach der ersten Anfrage kriegten wir ganz viele 500 Pesos Scheine in die Hand gedrückt. Und einen Beleg. Dieser bescheinigte, dass die Frau hinter diesem Schalter einfach ignoriert hat, dass in meinem Pass nicht genau das steht wie in ihrem System. Ich bin Timo Schwarz Alexander aus Lesotho und bin selbstständig. Scheiß egal- wir waren wieder reich und feierten uns als wir die Hosteltür hinter uns schlossen. 

 

Danach hetzten wir jedoch weiter zu den Paketdienstleistern dieser Welt, um eine weitere Enttäuschung zu erleben, wie oben beschrieben. Im Anschluss aßen wir ein Bife de Costillo (Kotelett) und verfolgten in einem günstigen Laden die Nachrichten. Auch in Argentinien gibt es wie in meiner Tagesschau und selbst in meiner Kicker App, die ich am meisten besuche, nur noch ein Thema: Den Coronavirus uns seine folgen. Uns derzeit betrifft es uns auch erstmals richtig. Erst war gestern ein Museum geschlossen und ab heute wurden alle Milongas (Tango Argentino Partys) in Buenos Aires für eine Woche abgesagt. Somit war auch unser Abendprogramm eliminiert. Der Coronavirus beeinflusst langsam auch unsere Routenplanung. Können wir unseren nächsten Grenzübertritt von Argentinien nach Chile in einigen Wochen überhaupt vollführen? Geht es euch in Deutschland weiterhin gut, oder werdet ihr euch nun auch alle anstecken mit unbekannten Folgen? Kann man Argentinien in nächster Zeit wieder verlassen bzw. gibt es weiterhin Flüge zurück nach Deutschland, wenn wir beschließen, das wir das Ende der Welt lieber in der Heimat verbringen wollen? Diese teilweise rationalen und teilweise irrationalen Gedanken schleichen sich hier Tag für Tag mehr auf unserer Reise ein. Und da wir Buenos Aires demnächst nach über 2 Wochen mal wieder verlassen wollen, stellen sich weitere Fragen. Ist man besser in der Abgeschiedenheit von Patagonien aufgehoben oder in der Großstadt. Im Dorf ist natürlich die Ansteckungsgefahr geringer, aber man kann das Land auch nicht so schnell verlassen und die medizinische Versorgung ist schlechter. Heute Abend hat der Argentinische Präsident eine Ansprache gehalten, in der auch gefährdeten Gruppen an Menschen in Argentinien gesagt wurde, dass sie sich in häusliche Quarantäne begeben sollen. Für uns stellt sich die Frage was nach abgesagten Großveranstaltungen passiert. Fahren die Busse noch? Kann man weiterhin in Hostels geschweige denn Dorm Rooms schlafen? Und was passiert eigentlich mit der Wirtschaft- Finden wir wieder einen Job, wenn wir einen in der Rezession suchen?

 

Wir hoffen, dass alles ein gutes Ende nimmt und führen unsere Reise erstmal weiter fort. Es bleibt sehr spannend.

Anmerkungen von Franzi

Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich erst sehr lange sehr ruhig war und versucht habe, ausdrücklich Verständnis für die Frau aufzubringen. Mehrere Dinge haben mich aber bereits spüren lassen, dass sie einfach keine Lust hatte, uns zu helfen. So z.B. dass es erst absolut unmöglich war, uns Zugang zum WLAN zu ermöglichen, plötzlich ging es aber innerhalb von Sekunden. Interessanterweise hatte die Brasilianerin, die uns helfen wollte, bereits die ganze Zeit Zugang. 

Während wir über das Schnittstellenproblem zwischen den beiden Landesfirmen sprachen, meinte sie dann plötzlich, das wäre überhaupt nicht das Problem. Die Argentinische Seite würde wunderbar funktionieren. Wenn Deutschland Mist versenden würde, könnte Argentinien damit halt nicht weiterarbeiten. Ich fragte vorsichtig nach, ob sie gerade wirklich meinte, dass 100% des Problems in Deutschland lägen. Sie bejahte und meinte, das sei ja wohl klar, das Argentinien hier keine Schuld treffe. Nach gut 3 Stunden angespannter Nerven und dieser anteilnahmslosen, beiläufigen und dämlichen Provokation rissen bei mir sämtliche Geduldsfäden. Es mag sein, dass wahrscheinlich jeder einzelne Mensch in diesem Laden, der der Englischen Sprache mächtig ist - für meine sich bahnbrechenden Emotionen reichten meine Spanischkenntnisse nicht mehr aus - wahrgenommen hat, dass ich Western Union mit menschlichen Fäkalien verglich und das Urteils- und Denkvermögen von Mara vorsichtig hinterfragte. Danach war sie nicht mehr wirklich gesprächsbereit, aber ehrlicherweise auch nicht weniger hilfreich als vorher. Ich lies meine Gefühle noch etwas heraus - ich hörte, das solle sehr gesund sein - und verließ den Laden.

Es braucht schon sehr lange, meine Nerven derart zu überspannen, meistens schafft das nur Timo - und dann häufig in Rekordzeit. Aber dieser Saft-Laden, von dem ich inzwischen schon sehr häufig sehr schlechte Dinge gehört habe, machte mir nicht übel Lust, einmal ordentlich gegen die Scheibe zu pissen. Zum Glück kam Timo bald nach mir aus der Filiale...

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