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The Mouth of the Tiger

Buenos Aires

geschrieben von Timo

Vielleicht erinnert ihr euch noch an das Auge des Tigers über das ich bei der letzten Reise geschrieben habe? Dieses Mal haben wir den ganzen Mund des Tigers besucht bzw. den des Rio Paranás. Genau genommen sind wir wie damals mit den (tollen) Holzbooten (interisleñas, also zwischen den Inseln) durch das Paraná Delta gefahren in die Segunda Sección, also über den eigentlichen Río Paraná hinweg in einen etwas ruhigeren Bereich. Diesmal sind wir aber mit der Absicht zu bleiben dorthin gefahren, was sich alleine schon durch unser schweres Gepäck (alles also auch die Backpacks) äußerte. In der Warteschlange für die Boote in Tigre, in der sich die anderen Deutschen vor uns ganz elegant vordrängelten (nicht) fiel uns erst auf dem Steg auf, dass wir unser schweres Gepäck wohl aufs Dach der Fähren legen müssten und nicht in den Personenbereich mitnehmen dürfen, da zu groß. In der prallen Sonne packten wir es fix in die Packsäcke und gaben es dem Steward, der es direkt neben sich aufs Dach des Schiffes legte. Nachdem ich Franzi gefunden hatte und zum Glück nicht außerdem ins hintere, identisch aussehende Boot ohne sie im Menschengetümmel eingestiegen bin und das Boot losgefahren war, äußerte ich gegenüber Franzi meine starken Bedenken, dass unser gesamtes mitgenommenes Eigentum vermutlich vom Dach in den Fluss stürzen würde und wir dann vor großen Problemen stehen würden. Franzi sah es etwas entspannter, teilte aber grundsätzlich die Bedenken etwas und schaute netterweise nach. Der Steward hatte das Gepäck in der Zwischenzeit schon etwas besser verstaut, so dass es nur noch Restzweifel auf Grund des ruppigen Fahrstils gab. In der Tat war das Gepäck auch noch auf dem Dach als der Steward "Los Pecanes", den Namen unserer Unterkunft, rief. 

 

Es war, genauso wie so viele andere Grundstücke im Tigre Delta, eine schöne Wiese mit großem Gebäude und großen Bäumen sowie einem Anleger und Hunden, die einen in Empfang nahmen. Die Unterkunft wurde im Marco Polo Reiseführer empfohlen und es hat sich gelohnt sie zu besuchen. Es gab Vollpension an selbstgemachtem Essen von mehreren, jüngeren Damen die dort arbeiteten und aus irgendeinem Grund immer etwas unglücklich aussahen. Das beinhaltete sehr leckere Highlights wie das Choripan bei einer Parilla am Sonntag oder die verschiedenen Nachtischkreationen. Es beinhaltete auch einige Dinge, die mir weniger zusagten wie eine Pizza mit gehobeltem, gekochtem Ei drauf (Franzi fand es super) sowie Joghurt in einer Milchkanne direkt neben dem Kaffee beim Frühstücksbuffet, was nach einem Missgeschick meinerseits zu unserem ersten Kaffee mit Joghurt führte. Ich kann es nicht unbedingt empfehlen. 

 

Ein Grund für unseren Besuch war auch die Tatsache, dass man unbegrenzt Kanu fahren konnte, was wir auch gleich dreimal in zwei Tagen nutzten. Durch das variable Flusssystem fuhren wir auch drei jeweils ca. einstündige, unterschiedliche Routen durch mit Motorbooten befahrene Hauptflüsse sowie abgelegene Nebenarme, die von Bäumen umgeben waren. Sonst fahren wir immer Einerkajaks daher war die Umstellung auf ein Zweierkanu etwas ungewohnt. Es stellte sich heraus, dass Franzi als guter Kapitän hinten sitzen kann, um zu lenken, dann kann ich die Navigation und das Aufnehmen von Fotos am Bug übernehmen. 

 

Abgesehen von Essen, Schlafen und Kanufahren schaute ich auch noch das Argentinien Spiel zusammen mit den Gastgebern sowie den anderen Argentinischen Gästen der Unterkunft, was überwiegend Frauen über 50 fahren. Es war zwar nicht wie im Fanblock vom Stadion, aber es wurde schon gewaltig mitgefiebert. Bei den Toren wurde aufgesprungen und gejubelt und am Ende wurde nochmal richtig gezittert, aber Australien machte kein Tor mehr. Das war natürlich keine Aufhebung des Boykotts die WM nicht zu schauen, sondern eine kulturelle Erfahrung. ;).

 

Außerdem lernten wir noch den Eigentümer der Unterkunft, Matías, kennen. Man merkte ihm schon an, dass er ein spannender Charakter ist, was sich dann auch im Gespräch nach dem Frühstück bestätigte. Das Spannendste war dass er zu einer Gruppe Freiwilliger Argentinier zählt, die sich für die Jaguare im Land verantwortlich fühlen und diese auf eigene Faust mit den nötigen Genehmigungen der Regierung regelmäßig zählen. In Argentinien gibt es ca. 250 Jaguare, sagt Matías, die alle einen eigenen Namen haben. Man unterscheidet sie am Fellmuster - so können sie auch gezählt werden. Selber einen Jaguar in der Wildnis zu sehen ist nahezu unmöglich. Das Zählen erfolgt in dem man im Wald campt und die hochwertigen Kameras die Tiere aufzeichnen. Die Bilder, die er uns zeigte waren wirklich beeindruckend. Er erzählte uns auf über eine seiner Exkursionen in den abgelegenen Nationalpark Baritú im Norden Argentiniens, in den man nur durch eine sehr aufwendige Wanderung durch den Dschungel kommt. Die größten Gefahren dabei seien ein Sturz wegen Müdigkeit wegen der Umstände, u.a. schweres Gepäck, und der Biss einer Giftschlange, den man durch Stiefel bis zum Knie unwahrscheinlicher machen kann. Er erzählte auch, dass die Wahrscheinlichkeit einen Jaguar in Iguazú zu sehen deutlich höher sei, da die Menschen dort die Nasenbären anziehen, die wiederum eine Delikatesse für die Jaguare sei. Er meinte Iguazú sei wie ein Supermarkt für Jaguare. Menschen sieht der Jaguar eher als Feind und nicht als Beute und würde Menschen daher nicht angreifen. Für mein Kindheits-Ich, das sich viel mit dem Schleichtier Katalog beschäftigt hat, wurde auch nochmal der Unterschied zwischen Jaguar und Leopard erklärt. Der Jaguar ist niedriger aber stärken. Sein Gesicht gleicht dem einer Bulldogge wohingegen der in Afrika lebende Leopard ein schmaleres Gesicht hat. Außerdem hat sein Fell nur Punkte wohingegen der Jaguar Kreise um die Punkte herum hat. Und auch mein Tipp war korrekt, dass Tigre nach dem Jaguar benannt worden  ist, als es diese dort noch gab. Den ersten Siedlern hat Matías  die Unterschiede wohl nicht so gut erklärt. 

 

Auf der Rückfahrt nahmen wir unsere Wertsachen ins Handgepäck und nur die ebenfalls wertvollen, restlichen Utensilien waren auf dem Dach der lancha colectiva. Natürlich ging auch dieses Mal alles gut. Nach knapp zwei Stunden waren wir in Tigre woraufhin eine Bahnreise von 40 MInuten mit der Küstenbahn folgte sowie eine knapp einstündige Busfahrt zum Hostel Estoril, wo wir unsere Rückkehr feierten. Zumindest für eine Nacht. Dazu gibt es bestimmt noch mehr Infos zu einem späteren Zeitpunkt von Franzi, die wesentlich begeisterter von dieser Rückkehr war. Auf Grund der Länge der Rückreise hat sich dieser Trip auch eine eigene Linie auf unserer Weltreisekarte verdient. 

 

Nun folgt die nächste lange Reise von Buenos Aires nach Puerto Madryn in Patagonien mit dem Bus, die 20 Stunden dauern wird. Den nächsten Blogbeitrag gibt es dann also endlich aus Patagonien. 

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