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Tranquillo- Mal ein bisschen ruhiger angehen lassen

San Carlos de Bariloche

geschrieben von Timo

Nach unserer Rückkehr nach Argentinien richteten wir uns im Dormis Acá Hostel in Esquel häuslich ein, in dem wir in einem 8er Schlafsaal außer Alex und Jannes nur sporadische Besuche von anderen Gästen hatten und ansonsten für einen Schlafsaal viel Platz und Ruhe sowie einen schönen Garten und eine Dachterrasse mit allerdings extrem ungemütlichen da ungepolsterten Sperrholzmöbeln. Wir nutzten die Zeit um mal wieder die Wäsche zu waschen, uns über die weitere Route zu informieren bis Santiago de Chile und auch etwas um zu entspannen. Franzi nähte ein paar unserer Kleidungsstücke, die auf der bisherigen Reise gelitten hatten. Im Hostel konnten wir relativ günstig unterkommen und so unseren Kostentagesdurchschnitt etwas reduzieren. Die Idee war mal für zwei Personen im Schnitt 100€ pro Tag nicht zu überschreiten, was uns bisher in Argentinien und Chile leider noch nicht gelingt. Ganz zu Schweigen von der Kreuzfahrt, aber die steht sowieso außen vor. Mit ca. 25€ pro Nacht inkl. Frühstück konnten wir in Esquel erstmals wieder trotz Restaurantbesuchen am Abend Tage mit um die 50€ am Tag wenn auch ohne weitere kostenpflichtige Erlebnisse beenden. Fairerweise muss man auch festhalten, dass bisher jeder den wir getroffen haben meinte, dass Patagonien der teuerste Bereich Südamerikas ist, und unsere Kosten bei gleichem Reisestandard sicher sinken werden je weiter wir nach Norden reisen. Wir sind gespannt. Insbesondere da wir derzeit Zweifel haben inwieweit es überhaupt noch eine Weltreise wird oder ob es doch eher ein Süd- und Mittelamerika Trip wird am Ende. Auch wenn ich eigentlich auf Weltreise plädiere, fällt es mir derzeit schwer Ziele in meinem Lonely Planet zu überspringen, da ich alles lese und dann Franzi versuche zu überzeugen, dass das spannende Orte sind. Glücklicherweise kann sie derzeit oft argumentieren, dass "wir das doch schon woanders gesehen haben" und wir deshalb nicht nur ein langsames Weltreisetempo beibehalten können, sondern auch weiterhin mit Alex und Jannes reisen können, die am 12. April ihren Rückflug aus Santiago de Chile nach Deutschland haben. Zwischenzeitlich dachte ich schon selbst sie würden uns entfliehen, aber wir wissen seit ein paar Tagen, dass wir schon am 26. März oder vorher Santiago de Chile erreichen werden, da dann unser Flieger auf die Osterinsel (!) abhebt. Wir erfüllen uns also den nächsten Reisetraum und Franzi sich den nächsten Inselwunsch und zwar einen, den wir uns schon sehr lange gewünscht haben. Bei Flugpreis und CO2 Kompensation merkten wir auch wie weit die Osterinsel entfernt liegt von Chile, auch wenn sie zu dem Land gehört seit knapp 150 Jahren. Für Hin- und Rückflug ist der CO2 Verbrauch mehr als halb so hoch wie für unsere Hinreise von Hamburg über Toronto und Sao Paulo nach Buenos Aires. In anderen Worten wir werden bei unserer Rückkehr am 31. März nach Santiago 7600 km mehr mit dem Flugzeug zurückgelegt haben. Auch kulturell erwarte ich sehr wenig parallelen zu Chile, da es wie in Neuseeland ursprünglich eine polynesische Kultur ist, die auf Rapa Nui geherrscht hat.

 

 Soviel zu den Gedankenspielen in Esquel. Wir planten auch kurzfristig unseren Ausflug in das Weltnaturerbe Parque Nacional Los Alerces, der ca. 70 km von Esquel auf unserem Weg nach San Carlos de Bariloche lag. Nachdem wir schon Unterkünfte und Busse reserviert hatten, wurde ich leider etwas krank und trotz leichter Erkältung fuhren wir in den Nationalpark wegen der Reservierungen die wir hatten und weil wir den anderen beiden folgen wollten, die schon am Tag zuvor weitergereist waren. Wir kamen bei einem schicken Campingplatz an, bei dem wir ein Domo gemietet hatten für die Nacht. Dieses permanente Zelt war aber noch nicht für uns vorbereitet und so stellten wir unser Gepäck an der Rezeption ab und machten uns auf möglichst viele der vielen Tageswanderwege abzulaufen. Am Bus hatten wir Jannes und Alex getroffen, die mit dem einzigen Bus des Tages weitergefahren waren nach Lago Puelo, so dass wir uns die Klinke in die Hand gaben. Sie waren am Vortag alle Wanderwege gelaufen, fanden es aber sehr anstrengend und sie sind meistens sogar schneller und etwas fitter als wir beim laufen. Wir liefen am Ufer des schönen Lago Verde (Grün) am Ufer entlang durch Wald und überquerten eine Hängebrücke über einen schönen, grünen Gebirgsbach mit vielen Strömungen, der uns an den Raftingfluss Río Futaleufú erinnerte und passenderweise Río Futalaufquén hieß. Beide liegen auch unweit voneinander im Gebirge und wurden entsprechend von den ursprünglichen Einwohnern ähnlich benannt. Hinter der Brücke gab es einen schönen, interpretativen Pfad der zu einer Alerce (Patagonische Zypresse) führte, die aber nicht so groß war wie die, die wir in Chile im Parque Pumalín gesehen hatten. Es ist schon bezeichnend, dass es selbst im Nationalpark der nach den Alercen benannt ist Schwierigkeiten hat überhaupt welche dieser Bäume anzutreffen. Das sagt viel aus darüber, dass sie von der Ausrottung bedroht sind, da sie früher viel von Menschen gefällt wurden. Tiefer im Park, nur über eine teure Bootstour zugänglich, gibt es auch noch den Abuelo (Großvater) eine deutlich größere Alerce, aber das war uns das Geld nicht wert. Nachdem große Teile des Nachmittags nach unserer Rückkehr zur Brücke bereits um waren und mein Energielevel wegen der Erkältung sehr gering war, gingen wir nur noch zurück zum Campingplatz, wo ich mich ins gemütliche Bett im Domo fallen ließ. Nach einigem Schlaf machten wir noch einen kurzen Weg durchs Unterholz vorbei am Pfad zu den Toiletten an den Steinstrand des Sees, wo die Fischer ihre Angelschnüre ins Wasser warfen und wir einen Nachtreiher beobachten, der mich an einen großen Kiwi erinnerte, bis er auf einen Baum flog und der auch deutlich weniger scheu war. Vor dem sehr schick eingerichteten Restaurant des Campingplatzes, in dem wir von einem sehr höflichen aber leider sehr unfähigem bzw. unwilligem Kellner später eine leckere Rote Beete Suppe serviert bekamen, sonnte sich auch noch ein Nachreiher in einem Scheinwerfer auf einem hübschen Mäuerchen, fast so als ob er fotografiert werden wollte. Ich ging nach meiner Suppe schnell ins Bett, da ich sehr fertig war und Franzi folgte bald. Der Domo leuchtete schön im Wald aus Arrayane Bäumen, die meine eigentlichen Highlightbäume dieser Gegend sind mit schönen, kurvigen, orangenen Stämmen.

 

Am nächsten Tag genossen wir ein leckeres Frühstück im selben Restaurant wie am Vorabend bei dem selben Kellner mit ähnlicher Leistung, wobei das Essen erneut sehr lecker war. Danach schleppten wir mühselig all unser Hab und Gut zurück hoch zur Straße, wo der Bus uns abholte und nach Lago Puelo fuhr. In dem Ferienort mussten wir erschöpft den Abfahrtsort des Busses nach Bariloche suchen, der leider nicht am selben Ort war wie unser Ankunftsort und schafften das zum Glück. In Bariloche angekommen, nach einer Fahrt durch schönes, bewaldetes Gebirge, das an die Europäischen Alpen erinnert, stiegen wir schnell in ein Taxi und kehrten im Hostel ein, das einen sehr schlechten ersten Eindruck hinterließ. Der sollte sich zwar die Tage danach etwas verbessern, jedoch glänzten viele Mitarbeiter des Hostels mit extremer Unfreundlichkeit. 

Am nächsten Tag ging es mir zum Glück schon deutlich besser. Ich hätte nicht gedacht, dass ich trotz recht aktiver Tage meine Krankheit ausheilen lassen könnte. Wir übertrieben entsprechend nicht mit unserem ersten Tag in Bariloche und dementsprechend war ein Besuch im Schokoladenmuseum und danach eine Nutzung des Sessellifts mit anschließender Nutzung der Sommerrodelbahn möglich. Das erinnert schon sehr an Süddeutschland, Österreich und die Schweiz.

Am nächsten Tag wollten wir den Circuito Chico laufen, der genauso wie die ganze Stadt Bariloche und der dazugehörige See Nahuel Huapi Teil des gleichnamigen Nationalparks ist. Wir hofften auf der 26 km langen Strecke auf etwas Natur, fanden aber heraus, dass die gesamte Strecke an der Straße entlangführt. Kurzerhand mieteten wir uns Mountainbikes in der Hoffnung, dass wir die Strecke dann mehr genießen könnte. Das war leider nur bedingt der Fall, da es sehr ungemütlich war konstant von Autos überholt zu werden und auch die Mountainbikes nach kurzer Zeit schon Schmerzen am Hintern auslösten. Des weiteren waren unsere Rücksäcke viel zu schwer für die gebückte Haltung, die man auf dem Rad einnehmen musste. Dennoch besuchten wir Colonia Suiza (Schweiz Kolonie), in der es einen Food Court gab, in dem wir Patagonisches Lamm vom Feuer bestellten. Wir teilten uns das reichhaltige Gericht mit riesigen Knochen zusammen mit vielen Wespen. Auch das erinnerte an die Alpen. Danach ging es hoch bis auf einen Mirador wobei wir feststellten dass bergauf fahren noch schlimmer ist als laufen, daher schoben wir den Rest. Der Blick war aber fantastisch, da man auf den Lago Perito Moreno blicken konnte, der wiederum nur durch wenig Land vom meergroßen Lago Nahuel Huapi, einem alten Gletschersee, getrennt ist und an dessen Ufern man die Berge sehen kann. Nach dem Aussichtspunkt ging es ständig auf und ab, was sehr anstrengend und schmerzhaft war, uns aber auch zu schönen Buchten mit blauem Wasser vor großen Bergen führte. Als kurz vor Ende der Runde auch noch meine Kette raussprang und Franzi sie reparierte und sie mit schwarzen Händen zum Verleiher zurückkam, waren wir froh dass die Runde vorbei war. Glücklicherweise kam schnell der noch sehr leere Bus, der später wie auf dem Hinweg völlig überfüllt in Bariloche ankam. Die Stadt sollte wirklich mehr Busse fahren lassen, keiner hat Spaß an solch vollen Bussen. Wir quetschten uns von unserem halbwegs gemütlichen Sitzplatz durch genervte Menschen hindurch zum Ausgang des Busses und waren tatsächlich die einzigen die am Stadteingang aussteigen mussten. Jannes und Alex waren ein paar Tage zuvor schon zu weit gefahren, da sie nicht rausgekommen waren. 

Die letzten Tage in Bariloche aßen wir noch etwas Eis, spielten zu viert Wizard, Billiard und Tischtennis (die erste Platte (der erste Tisch :P) der Reise) im Hostel und entspannten etwas. Dann ging es früh am Morgen weiter nach Puerto Montt zurück  ach Chile. Villa La Angostura, San Martin de los Andes, Junin de los Andes und Parque Nacional Lanín sowie die Dinosaurierregion um Neuquén herum sind alles spannende Reiseziele aber Franzi und ich konnten uns im Zuge des Reisegeschwindigkeit und dem Ziel Osterinsel, das wir haben, darauf einigen dass wir diese Argentinischen Stops überspringen, auch weil wir an anderen Orten ähnliche Highlights schon erlebt haben oder hatten. Ich habe uns nun auch schon eine komplette Übersicht erstellt aller Ziele die wir in Argentinien und Chile noch sehen wollen und auch damit werden wir wohl noch zwei Monate in den Ländern unterwegs sein, ehe es voraussichtlich nach Bolivien weitergeht. Danach geht es wenn möglich nach Westen weiter nach Peru, wenn das jedoch wegen der politischen Situation nicht geht, dann geht es nach Osten nach Brasilien. Aber das ist alles noch Zukunftsmusik. Jetzt wollen wir erstmal Zentralchile den nächsten Monat erkunden.

 

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