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Gärten, Tempel, Futtern und Hochhäuser

Singapur

geschrieben von Timo

Wir sind seit über einer Woche in Singapur und es gibt noch viel zu entdecken weswegen man noch länger bleiben könnte. Allerdings haben wir uns nun zum Ziel gesetzt nach 14 Nächten weiter zu reisen nach Malakka in Malaysia. Danach wollen wir das riesige Sumatra in Indonesien erkunden.  

Eigentlich haben wir nur das Zentrum des Stadtstaats und einige Stadtteile drum herum besucht. Hier sammeln sich die touristischen Highlights. Insgesamt ist das kleine Inselreich aber fast so groß wie die Hansestadt Hamburg und beherbergt noch viele Parks und untouristischere Viertel in denen insgesamt über fünf Millionen Menschen leben. Singapur ist ein großer Schmelztiegel asiatischer Kulturen und Ethnien vermischt mit Britischer Kolonialgeschichte. Was wir gar nicht wussten bis es uns unser Führer bei der Free Walking Tour erzählte, ist das Singapur gar nicht freiwillig ein Stadtstadt wurde. Nachdem die Briten es nach dem zweiten Weltkrieg aus Kostengründen fallen ließen, scheiterte ein Versuch in einer Union mit Malaysia zu existieren bereits nach zwei Jahren. Im Prinzip wurde Singapur rausgeworfen, da sie Malayische Menschen in ihrer Stadt nicht wegen ihrer Ethnie übervorteilen wollten wie Malaysia es forderte. Aus der traurigen Nachricht des  Rauswurfs entwickelte sich aber eine Erfolgsgeschichte, die seinesgleichen sucht. Heute ist Singapur ein hochentwickelter, moderner und weltoffener Staat mitten in Südostasien und für uns eine komfortable Anlaufstelle in diesen Teil der Welt tiefer einzusteigen.  

Unsere Ausflüge in der Stadt lassen sich gut in die Kategorien der Überschrift des Artikels einordnen. Wir haben entweder Parks, Museen, religiöse Einrichtungen oder Restaurants angesteuert. Kulinarisch ist Singapur wirklich toll. Wir waren fast nur in den günstigen Hawker Centers( engl.: Straßenhändler) unterwegs, die wie Food Courts sind, und haben uns durch die Indonesische aber v.a. Chinesische und Indische Küche durchgefüttert. Auch andere asiatische Küchen kann man einfach bekommen. Manche der einfachen Hawker Stände in Singapur sind so berühmt und lecker, dass sie mit einem Michelin Stern ausgezeichnet worden sind. So hatten wir eine Nudelsuppe mit unterschiedlichem Schweinefleisch, die prämiert war und ganz woanders im Zentrum eine kantonesische Ente mit leckerer Sauce.

Suppe mit Michelin Stern
Suppe mit Michelin Stern

Auch diese Stände sind sehr einfach und wie alle Hawker Stände dafür gedacht möglichst viele Leute möglichst schnell satt zu bekommen. Es stellte sich heraus, dass unser Lieblings Food Court die Rasapura Masters im The Shoppes Einkaufszentrum waren, da Franzi dort gedünstetes Gemüse für deutlich mehr Geld bekam. Ich hatte zwar auch immer auf dem Papier gut aussehende Gerichte, fand sie aber in echt nicht so gut. Umso mehr freute ich mich über einen Verkaufsstand am Flussufer gegenüber von Marina Bay. Nach einem Spaziergang über die schicke, nachts leuchtende Helix Brücke ist man an der Esplanade, wo das Theater und der Konzertsaal liegen. Dort gibt es Verkaufsstände an der Promenade und einer davon verkauft Nachtisch aus frischer Kokosnuss mit Saft und selbstgemachtem Kokosnusswassereis. Ein Shake mit der Mischung aus beidem und extra frischen Kokosraspeln war mein Highlight. Dazu der Blick aufs CBD (Central Business District) mit seinen beleuchteten Wolkenkratzern und das fantastische Marina Bay Sands Hotel mit The Shoppes Einkaufszentrum davor, die beide zweimal nachts für eine viertelstündige Lichter- und Fontänen Show dynamisch beleuchtet werden- das war einfach fantastisch!

Fantastischer Blick von der Esplanade, auf der es den leckeren Kokosshake gab.
Fantastischer Blick von der Esplanade, auf der es den leckeren Kokosshake gab.

Eigentlich gab es aber überall leckeres Essen und Franzi hat auch alles gut essen können, da es auch weniger scharfe Gerichte gab. Sehr typisch war noch unser Frühstück beim immer geöffneten Inder vorm Hotel. Der Masala Tee ist ein Chai, der mit Milch und Gewürzen aufgegossen wird und uns aus Indien noch sehr vertraut ist und auch hier sehr lecker schmeckte. Murtabak war das Frühstück, was genug für zwei beinhaltete und sehr lecker und typisch Indisch war. Es ist wie eine Art Zwiebelkuchen aus Ei, Zwiebeln und aus Hähnchen, das mit einer Currysauce gebraten wurde. Für etwa 8 Euro gab es zwei Tee und ein Murtabak.

Sehr prägend war auch frischgepresster Orangensaft, da in der ganzen Stadt Automaten von Ijooz stehen, in denen man für 2S$ (1,37€) einen erfrischenden Saft bekommt. Leider entstand sowohl beim Tee als auch beim Saft immer sehr viel Müll, was gar nicht so zum sauberen und nachhaltigen Image passt, das Singapur ein großes Anliegen ist. Es gibt zwar riesige Geldstrafen und entsprechende Schilder für Vergehen wie Müll in die Gegend schmeißen oder am falschen Ort rauchen. Dennoch haben wir einige Leute gesehen, die auf die Straße rotzten, öffentlich Alkohol tranken oder im Restaurant rauchen. Gesagt hat in den Situationen keiner etwas. Und so lernen wir, dass es zwar sehr strenge Regeln und Strafen gibt, die aber vor allem der Abschreckung dienen. Kaugummi kauen ist ebenfalls erlaubt. Man darf aber keine Kaugummis verkaufen. Da unser Guide Bernard uns bei der Free Walking Tour Kaugummis schenkte, konnten wir mampfend durch die Stadt laufen. Er hatte sie aus dem Ausland reingeschmuggelt. 

Kulturell und sozial ist die Stadt super spannend. 75% der Bewohner sind Chinesischer Abstimmung und jeweils etwa 10% sind Inder oder Malayen. Heute gibt es viele Gastarbeiter, die keine Singapurer sind. Z.B. picknicken sonntags viele Menschen aus Myanmar auf den Bürgersteigen (!) des Zentrums. Wer Singapurer ist, gibt dennoch seine Ethnie im Pass an und ist dadurch zwar Singapurer aber entweder Chinesischer, Indischer oder Malayischer Herkunft. Keine der Gruppen wird hier bevorzugt. Wohnviertel sollen genauso aufgeteilt sein, dass es diese Unterteilung gibt und so dass keine Ghettos entstehen. Es sollen also alle zusammenleben, aber gleichzeitig wird auch systematisch auf die Herkunft der Familie geachtet. Eine Museumsmitarbeiterin des Nationalmuseums, mit der wir uns lange unterhielten, sagte uns, dass Singapur wie ein Salat ist (und kein Schmelztiegel). Alle leben hier zusammen, vermischen sich aber nicht. Die kulturelle Vielfalt sorgt auch für eine ungemeine Vielfalt an Religionen, deren aus meiner Erfahrung tolerantes Zusammenleben mir gut gefällt. So gibt es einige Kirchen, viele Moscheen sowie taoistische und buddhistische Tempel und einige hinduistische Tempel. Der Muezzin darf aus Respekt vor anders denkenden nur bei einer Moschee Singapurs zum Gebet rufen. Zwischen Taoisten und Buddhisten scheint es eine große Schnittmenge zu geben. So betet unser Guide Bernard in beiden Tempeln- je nachdem von welchem Gott oder Heiligen er sich gerade mehr verspricht. In der Moschee unterhielten wir uns lange mit der Empfangsfrau. Sie ist Chinesische Singapurerin und taoistisch aufgewachsen. Schon in ihrer Jugend hegte sie den Wunsch zum Islam zu konvertieren, da man im Taoismus ständig und für alles Geld ausgeben muss an die Tempel und sie hinterfragte, dass das Geld letztlich an die Menschen geht, die den Tempel betreiben und nicht an irgendwelche Götter. Beim Islam gefiel ihr, dass man nichts an die Moschee abgeben muss. Sie findet es auch gut, dass sie zuhause für Kinder und Familie verantwortlich ist und sagt, dass sie das Kopftuch trägt, da fremde Männer Frauen ohne Kopftuch nun mal attraktiv finden, aber sie ja nun mal ihrem Mann versprochen ist. Wir hätten gerne den ein oder anderen Punkt mit ihr diskutiert, aber es war eher ein Monolog ihrerseits. Das Verhältnis zu ihrer Familie ist schwierig seitdem sie wissen, dass sie konvertiert ist. Wir hatten eher das Gefühl, dass der Islam für sie eine praktischere Religion ist und nicht so sehr dass sie sehr gläubig ist. Sehr cool waren unsere Besuche in den Hindutempeln. Es gibt überall bunte Figuren und es riecht nach Räucherstäbchen. Außerdem lief bei einem Tempel eine Prozession, bei der die Gläubigen ihren Punkt auf die Stirn bekommen bei jedem Schrein mit Gottheit bei dem sie waren, und es liefen die ganze Zeit Gesänge über die Lautsprecher. Alles war sehr lebendig und keiner störte sich an Touristen oder daran dass wir Fotos machten. Es fühlte sich sehr offen an. Der riesige, buddhistische Tempel, den wir besuchten, beherbergt wohl einen Zahn des Buddha, der in einer unfassbar riesigen Form aus purem Gold gelagert wird. Der komplett rot- goldene Tempel beherbergte außerdem noch ein Museum und eine Ausstellung über lauter Buddha Figuren aus Süd Ost Asien und die Geschichte des Erleuchteten. Im Dachgarten stehen zehntausend identisch aussehende Buddha Figuren und in der Mitte kann man eine große Sprachrolle drehen. Im Hauptraum sitzt ein riesiger, goldener Buddha und die Menschen beten zu ihm hin.  

Abgesehen von den vielen Hochhäusern und den Wolkenkratzern ist die Stadt recht grün. Eigentlich liegt sie ja auch im Regenwald und ca. 1% der Stadt ist noch Primärwald. Außerdem gibt es viele Parkanlagen. Insgesamt waren wir zwei Tage im botanischen Garten aus dem 19. Jahrhundert, um das Welterbe intensiv zu studieren. Er ist in viele, einzelne Gärten unterteilt, wobei der besonderste- der Orchideengarten- nur für viel Geld zugänglich war, was wir uns nicht leisteten. Besonders viel Zeit verbrachten wir am Synphony Lake neben der Freilichtbühne, in dem nicht nur kleine Schildkröten leben sondern auch Nebelwarane, die aussehen wir ihre größeren Verwandten aus Komodo nur kleiner, und Otter, die Fische im See jagen. Zunächst entdeckten wir nur einen Otter, der später plötzlich von zwei Waranen im Wasser bedrängt wurde. Beide Tiere sind exzellente Schwimmer. Plötzlich tauchten unzählige Otter auf und fischten gemeinsam im See. Wie in Manú sahen wir wie ein Otter sich brutal einen Fisch einverleibte. Franzi war hellauf begeistert und hielt alles mit unserer Kamera fest.

Freilichtbühne am Synphony Lake im Botanischen Garten
Freilichtbühne am Synphony Lake im Botanischen Garten

Noch mehr Tiere gab es im schönen Zoo, der nett angelegt ist. Neben einem Löwenmännchen und einem Tiger war der Komodo Waran am spannendsten.

Den Nasenaffen entdeckten wir leider nicht in seinem Gehege. Auch das kleine Flusspferd aus Westafrika war cool. Und die beiden Shows waren auch spannend. Der Hornvogel aus Afrika schien die Show ungeplant verlassen zu haben und kehrte auch nicht mehr zurück. Ein Ara kackte auf unseren Sitznachbarn. Und bei der Seelöwenshow zeigte Pedro der Seelöwe wie viele Tricks und Bewegungen er so drauf hat.

Supertrees mit Neujahrsschmuck
Supertrees mit Neujahrsschmuck

 Allgemein sind Parkbesuche in Singapur anstrengend, da es keine klimatisierten Zonen gibt. Es ist schwül, heiß, schwitzig und oft regnet es- teilweise auch heftig. Die Klamotten kleben und es ist anstrengend rumzulaufen. Da die Parks sehr schön sind, lohnt sich ein Besuch dennoch. Moderner ist der botanische Garten in Marina Bay, der passenderweise Gardens by the Bay heißt. Hier stehen die futuristischen Stahlbäume, die abends bei einer Musicalshow passend beleuchtet werden sowie die zwei Riesengewächshäuser, die einen Nebelwald bzw. eine mediterrane Landschaft darstellen. Der riesige Indoorwasserfall im Nebelwald ist schon cool. 

Wolkenkratzer mit Parkeinlagen
Wolkenkratzer mit Parkeinlagen

Im neuen Wolkenkratzer CapitaSpring im CBD konnten wir auf der Dachterrasse auf über 200 Metern Höhe den Blick auf die Stadt genießen und im 17. bis 20. Stock durch einen Outdoorpark laufen. Für die Büroangestellten ist das sicher cool, aber der Erholungsfaktor war begrenzt bei dem Baulärm und den anderen Wolkenkratzern um den Park herum. Die Fassade ist dennoch faszinierend, da der Park durch gerade Streben nach draußen ragt, die an manchen Stellen wie ein Vorhang zur Seite gezogen zu sein scheinen, so dass man den Park besser von der Straße aus sehen kann. 

Park und Pool in der Mitte eines Hochhauses
Park und Pool in der Mitte eines Hochhauses
Peranakanhäuser in der Emerald Hill Road
Peranakanhäuser in der Emerald Hill Road

Wir besuchten auch einige Museen, in denen wir hauptsächlich mehr über die Geschichte erfuhren. Sehr schön gemacht ist die Geschichtsgallerie im Nationalmuseum, die einen bunt und ansprechend von Fischerkulturen vor tausenden Jahren über Britische Kolonie, Zweiter Weltkrieg und Japanische Besatzung bis hin zur Unabhängigkeit und der Entwicklung einer Industrie- zu einer hochentwickelten Wirtschaftsnation führt. Im Peranakan Haus wird einem gezeigt wie die Einwanderer aus China, Arabien und Indien über die Jahrhunderte in Singapur gelebt haben und wie sich ihre Kultur mit der lokalen Kultur vermischt hat.

Viele Haushaltsgegenstände hoher Qualität werden hier ausgestellt und es wird erklärt wie man gewisse Gerichte kocht, die den Peranakan zuzuordnen sind. So ganz verstanden wer genau Peranakan ist und wer nicht, haben wir allerdings nicht. Letztendlich ist Singapur ein Staat, der nur aus Einwanderern besteht, da wohl niemand sagen kann, dass seine oder ihre Familie ursprünglich von diesem Land kamen. Die Nationalgallerie ist sehr vielseitig und schick in Teilen in den alten, kolonialen Justizpalast hineingebaut worden. Eine Ausstellung verglich lateinamerikanische Kunst mit südostasiatischer Kunst im Hinblick auf Kolonialisierung und verglich Gaugin Gemälde mit Bildern von Künstlern, die wirklich aus dem tropischen Pazifik kommen und ihre Landsleute und Kultur malten. Eine aktuelle Installation war auch eine runde Tischtennisplatte, bei der die Spieler in der Mitte gegen die außen spielen. Zum ersten Mal seit langem hatte ich wieder einen richtigen Schläger in der Hand. Franzi hatte schnell keine Lust mehr, da sie mit dem Schnitt nicht umgehen konnte und zuletzt mit den Holzbrettern Südamerikas besser gegen mich aussah. Von außen wurde eine tolle Projektion auf das gesamte Gebäude gezeigt, die man, da so groß, noch besser aus weiter Entfernung sehen konnte. Auch ein Musical besuchten wir. Madagascar lief im Theater und neben ein paar Kindern waren wir die einzigen in einem riesigen Theater. Nichtmal die Bars machten für die Show auf. Musicals sind hier wohl nicht so angesagt. Das Musical hatte aber auch nicht die Qualität von Musicals in Hamburg oder London. Es gab kein Orchester und weniger Bühnenbild. Das Theater ist in einem Gebäude, das von außen wie eine große Darian aussieht. Die lokale Frucht ist sehr beliebt bei den Locals für seinen guten Geschmack. Allerdings riecht sie nach menschlichem Kot, daher halten sich manche beim Essen die Nase zu. Sie ist groß aber auch extrem teuer. Und man darf sie explizit nicht in der U Bahn essen.

Fast leeres Theater beim Musical Madagaskar
Fast leeres Theater beim Musical Madagaskar

Apropos: das U Bahn und Busnetz ist exzellent, denn es gibt preiswerte regelmäßige Verbindungen überall und man kriegt fast immer einen Sitzplatz! Insgesamt funktioniert alles sehr gut in Singapur, die Leute helfen einem freundlich und auf Englisch weiter und vieles ist auch kostenlos wie viele Parks, die sauberen und gut ausgestatteten Toiletten sowie einige Open Air Shows wie z.B. die genannten Lichtershows. Fast die Hälfte des Geldes gaben wir für unser gutes Mittelklassehotel aus, das wir zunächst für einen guten Preis gebucht hatten, dann aber wegen eines anbahnenden Coldplay Konzertmarathons im naheliegenden Stadion immer teurer wurde und aus Gemütlichkeit zogen wir aber nicht mehr um.  

Neben Buenos Aires ist Singapur bisher unsere Lieblingsstadt der Reise, auch wenn es ganz anders ist. Es ist ein bisschen wie Dubai, aber in vielen Punkten auch wieder nicht. Es bringt Spaß hier zu sein und die Sehenswürdigkeiten zu entdecken. 

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